#56 Der agile Werkvertrag – kein so großer Widerspruch

Podcast #056: Der agile Werkvertrag – das ist doch ein Widerspruch in sich, oder? In dieser Podcastfolge spreche ich mit Rechtsanwalt Martin Schabel über diesen scheinbaren Widerspruch und gelange am Ende zu einer wirklich überraschenden Erkenntnis.

Liebling der Linie, Albtraum des Einkaufs

Während viele Fachabteilungen und Führungskräfte mit Begeisterung in das agile Lager wechseln und die Agilität als Wunderwaffe gegen langwierige Projektprozesse und umständliche Spezifikationen feiern, wird Einkäufern und Controllern bereits schon übel, wenn sie nur agil hören. In der Welt des Einkaufs ist die (alte) Welt dann in Ordnung, wenn die Leistung detailliert beschrieben ist, um anschließend Lieferanten zu suchen, die diese Leistung dann möglichst günstig erfüllen können.

Agile Ansätze stehen diesem Ansinnen diametral gegenüber, da ja zu Beginn gerade keine detaillierte Beschreibung vorliegt. Das Produkt soll sich ja während des inkrementell iterativen Prozesses immer weiter verbessern. Und am Ende kann auch etwas viel besseres aber auch ganz anderes rauskommen als ursprünglich gedacht.

Vertragliche Grundlage?

Wie sollen sich die Beteiligten hier auf eine vertragliche Grundlage einigen können? Die Leistungsbeschreibung kann es ja so nicht mehr sein. Sollte man dann ersatzweise die User Stories nehmen? Oder das Backlog? Aber genau die verändern sich ja und brauchen agile Luft zum Atmen!

Martin Schabel baut eine erstaunliche Brücke und schlägt vor, bei agilen Projektverträgen zwei Stellen näher in Augenschein zu nehmen:

  1. Agilität braucht Freiraum

    und Freiraum wird durch detaillierte Spezifikationen eingeengt. Prinzipiell handelt es sich auch bei agilen Vorhaben eher um Werkverträge gemäß BGB §§631ff. Was wäre davon zu halten, eine Iteration (aka Sprint) als Teilleistung zu definieren und diese Leistung mit niedrigsten Abnahmekriterien zu versehen? Oder andersherum: Ein Sprint erreicht auf jeden Fall die Abnahme, egal was gemacht wird. Dieser Ansatz benachteiligt den Auftraggeber, der Auftragnehmer hat eine sichere Position.

  2. Gemäß BGB muss der Auftraggeber dem Auftragnehmer Schadensersatz leisten

    wenn ein Auftrag von seiner Seite abgebrochen wird. Wenn die Parteien diese Schadensersatzleistung relativieren und der Auftraggeber nach jedem Sprint mit einer Frist (von vielleicht einem Sprint?) zu kündigen, benachteiligt dies den Auftragnehmer. Der Auftraggeber erlangt dafür pragmatische Flexibilität.

Beide Ansätze zusammen etablieren ein neues „Gleichgewicht“ an Vor- und Nachteilen, das im Detail natürlich spezifiziert werden muss. Der große Vorteil dieses Konstrukts ist eine größtmögliche Flexibilität – als Werkvertrag. Und genau das wäre die gesuchte Grundlage für agile Zusammenarbeit

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Der Podcast mit PMP-Fragen, für alle Projektleiter und solche, die es werden wollen
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Hier die Webseite der Kanzlei Rechtsanwälte Martin Schabel: http://www.schabel.de/
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